Teil 1
Hier ein paar vereinfachte Darstellungen, die dir einen groben Überblick darüber geben sollen, wer/wie/wann und mit wem genau was macht. So erhältst du einen ersten Einblick in die Branche und lernst die Begriffe, mit denen ich später um mich werfe, richtig einzuordnen.
Künstler haben Ideen. In der Musikbranche ist das logischerweise meist eine Idee in Lied-Form. Zu Johann Sebastian Bachs Zeiten musste man noch Noten lesen können, Harmonielehre und Kontrapunkt beherrschen und detaillierte Kenntnisse über die Möglichkeiten der verschiedenen Musikinstrumente haben, um ein Stück zu schreiben, das den strengen Regeln der damaligen Zeit entsprach und vom Publikum verstanden und wohlwollend aufgenommen wurde. So war automatisch eine “Qualitätssicherung” in den Prozess des Songwritings (damals sagte man: Komponieren) eingebaut, da ein langwieriges Studium notwendig war, um überhaupt die Mindeststandards zu erfüllen; das Genie, also das Alleinstellungsmerkmal eines Bach oder Mozart ist hier nicht mit eingerechnet. Ein synergetischer Prozess, bei dem aus dem Bestehenden geschöpft und darauf aufgebaut wurde- das daraus entstandene Neue diente in der Folge wiederum als Fundament für die nächste Generation und so weiter…
Heute reicht auch ein Laptop und Garageband. Das ist einerseits grandios, da es die eigene Kreativität von jeglichen Hemmungen befreit, andererseits hat es den erheblichen Nachteil, dass es keine “natürliche Auslese” der Werke gibt. Heutzutage ist jeder ein “Songwriter”, wenn er denn möchte. Der Konsument selbst hat längst den Überblick verloren. Darüber hinaus vermengen sich in diesem Kreativitäts-Pool interessante Songs mit vollkommen beliebiger Musik zu einer Brühe. Diese osmotisch verschmolzenen Lager wieder voneinander zu trennen, ist eine höchst subjektive Angelegenheit, und auch nicht unsere Aufgabe. Das überlassen wir dem individuellen Geschmack jedes Einzelnen.
Doch wieso werden manche dieser Songs zu Hits, während andere scheinbar dazu verdammt sind, in Vergessenheit zu geraten? Wenn jemand eine Kristallkugel hätte, bräuchte man die Musikindustrie nicht mehr. Schöne Überleitung, ich dachte schon, ich kriege die Kurve zum eigentlichen Thema nicht mehr.
Was ist diese “Musikindustrie” überhaupt? Wie funktionieren die einzelnen Abläufe in dieser Branche? Ich werde nach und nach in den kommenden Blogartikeln alles genauer erklären, vorerst möchte ich dir jedoch schon mal einen groben Überblick geben.
Sobald der Künstler seinen Song fertig geschrieben hat, entsteht meist der Wunsch nach einem Recording. Vorzugsweise geschieht dies in einem Tonstudio, das hinsichtlich der eigenen Klangvorstellungen oder – leider viel zu oft – nach finanziellen Kriterien ausgewählt wird. Hat der Produzent gemeinsam mit dem Recording-Engineer den Song im Studio eingefangen, ohne dabei die Wünsche des Künstlers zu sehr zu verletzen, werden die einzelnen Tonspuren an den Mixing-Engineer weitergegeben. Dieser bringt diese Einzelspuren (Instrumente, Stimme und Effekte) miteinander in Einklang. Er sorgt dafür, dass der Song in den erwünschten Lautstärken- und Effektverhältnissen ertönt und nennt diesen Vorgang liebevoll “Mischen” bzw. Mixing. Erst wenn die Songs alle in sich so klingen, wie sie klingen sollen, kommt der letzte Schritt der Produktion im Tonstudio: Das Mastering. Da ich es hier nicht allzu kompliziert machen will: Stell dir darunter einfach vor, dass dabei die Songs zueinander ins richtige Verhältnis gesetzt werden. Ähnlich wie beim Mixing der Einzelspuren zu einem Song, werden hier die Songs zu einem Album zusammen”gemischt”. Beim Abschluss des Masterings werden dann die CD-Texte sowie ISRC-Codes je nach Wunsch und Bedarf auf dem Tonträger verewigt.
Während die Band im Studio sitzt und den letzten Feinschliff vornimmt, laufen idealerweise bereits gleichzeitig viele andere Prozesse ab. Beispielsweise wird oft parallel zur Studioproduktion der Grafiker des Vertrauens damit beauftragt, sich an den Entwurf eines Cover-Artworks zu setzen. Das Management (falls vorhanden) spricht sich mit der Plattenfirma (falls vorhanden) ab, welche Strategie bei der Veröffentlichung “gefahren” werden soll. Oft wird auch der Booker in die Pläne mit einbezogen, da die geplanten Konzerte relativ nah am Veröffentlichungstermin stattfinden sollten und und und.
Außerdem wird entschieden, ob es sich um eine rein digitale VÖ (Veröffentlichung) oder eine physische (Tonträger) handeln soll. Ebenso, wie viele CDs bzw. Vinyl-Platten bei einer physischen VÖ gepresst werden sollen. Die Vervielfältigung der Tonträger übernimmt das Presswerk. Tipp: Die meisten Presswerke, die du im Netz findest, sind gar keine echten Presswerke sondern lediglich Broker. Sie nehmen deinen Auftrag entgegen und verdienen sich eine Vermittlungsgebühr. Das ist absolut in Ordnung und preislich meist auch mehr als fair, denn dafür kümmern sich diese Vermittler dann auch um den ganzen Ablauf, bis die prall gefüllten CD-Kartons vor deiner Haustür stehen. Es lohnt sich dennoch, ein paar Preise übers Internet zu vergleichen. Ich wollte es nur mal erwähnen, damit du auf dem Schirm hast, dass bei den Presswerk-Brokern preislich immer auch ein bisschen Verhandlungsspielraum drin ist.
Um die Prozesse erläutern zu können, die im Hintergrund ablaufen müssen, damit deine Musik dann letztendlich im Laden steht, gehe ich hier jetzt mal von dem (semi-)professionellen Fall aus. Das bedeutet, die Tonträger werden nicht nur im “Eigenvertrieb” von der Band direkt an die Fans verkauft, sondern über ein Label mit einem guten Vertrieb.
Kurze Erklärung, da sich meist bereits an dieser Stelle das Bild in den Köpfen der Bands nicht ganz mit der Realität deckt: Ein Label ist nicht das Management. Wenn du also den Wunsch verspüren solltest, dich bei einem Label zu bewerben, dann informier dich im Voraus, ob das in deinem Fall überhaupt sinnvoll ist. Denn bricht man es auf die grundlegendsten Funktionen eines Labels herunter, so sorgt dies dafür, dass die CDs rechtzeitig für die Veröffentlichung hergestellt und an den Vertrieb ausgeliefert werden. Oft entstehen unharmonische Situationen in dieser Phase, da der Künstler und die Plattenfirma (Label) ihre Rollen nicht klar definiert haben. Plattenfirmen denken manchmal, sie müssten auch künstlerische Entscheidungen übernehmen und reden dem Künstler dann gerne in seine Musik rein. Künstler hingegen erwarten manchmal weniger Beratung und mehr Dienstleistung von der Plattenfirma. Hier lohnt es sich, schon beim Vertrag genau festzulegen, welche gegenseitigen Erwartungen bestehen.