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Der Heads Of Agreement wird oft nur als vorläufige Vereinbarung zwischen zwei Parteien dargestellt. Dabei handelt es sich jedoch nicht um irgendeine Art “Vorstufe”, sondern um einen vollwertigen, rechtsverbindlichen Vertrag. In Deutschland gilt Vertragsfreiheit, somit ist ein Dokument wie der Heads Of Agreement auch verbindlich, sobald du deine Unterschrift darunter gesetzt hast. Deshalb kann ich dir hier – ebenso wie bei allen anderen Verträgen, die dich binden – nur dazu raten, einen Anwalt zu konsultieren.
Aber jetzt mal genug der Predigten zum Schwimmflügel-Gebrauch und ab ins kalte Wasser! Meine kleine persönliche Geschichte mit dem Heads Of Agreement sieht so aus:
Meinen ersten dieser Verträge unterzeichnete ich als Künstler. Wir hatten uns als Band gerade frisch formiert, waren so grün hinter den Ohren wie ein Krokodil (naja, die haben eher verschließbare Ohr-Schlitze als Ohren – wirklich praktisch!), und saßen im Rahmen der “Vertragsverhandlungen” bei unserem Manager daheim auf der Couch. Zusammen mit seinem Anwalt. Der Moment der Ehrfurcht dauerte genau so lange an, bis wir erkannten, dass der Anwalt auch nur ein Mensch ist. Er war super locker drauf, vom Typ her auch sehr viel cooler, als wir uns damals vorkamen.
Soweit ich mich richtig erinnere, haben wir damals den Heads Of Agreement als Vertragsform nur deshalb gewählt, weil wir noch gar nicht so richtig wussten, was wir eigentlich gemeinsam vor hatten. Unser Manager war damals kein Künstlermanager im klassischen Sinne, sondern ein Club-Betreiber, der extrem viele Kontakte in der Szene hatte und uns deshalb mit allerhand Bookern connecten konnte. Aus diesen Verbindungen resultierten ziemlich schnell ziemlich coole Gigs. Außerdem hatten wir damals nicht wirklich Geld auf die Seite geschafft (naja, außer auf die andere Seite des Tresens) und konnten ein bisschen finanzielle Unterstützung gut gebrauchen. Die Kosten für das Studio konnten wir gerade so eben noch zusammenkratzen, das neue Management finanzierte so gut wie alles andere. Diese Art der Zusammenarbeit mit unserem Manager ließ sich nicht wirklich in einem Standard-Vertrag festhalten. Wir wollten hier und da ein paar Dinge festlegen, es aber nicht komplizierter machen als nötig- da bot sich mit dem Heads Of Agreement genau das richtige Vertragsmodell.
Am Ende haben wir dann doch alle Punkte, in denen wir eine Zusammenarbeit anstrebten, in diesen Vertrag mit reingenommen:
- Booking
- Management
- Vertrieb/Labelarbeit
- GEMA/GVL, d.h., wir stimmten zu, Teile unserer Einnahmen aus den Verwertungsgesellschaften an das Management abzutreten (auf das Thema GEMA werde ich in nächster Zeit öfters zu sprechen kommen.)
Ich kann mich noch erinnern, dass in mir eine große Anspannung herrschte. Du weißt schon: “…erster Vertrag, eieiei, wenn ich jetzt hier etwas unterschreibe was ich mein Leeeeeeben lang bereuen werde…” Es kam aber ganz anders als befürchtet: Wir haben uns alle super verstanden (natürlich immer wieder gegenseitig die Köpfe eingeschlagen; jedoch NICHT aus vertraglichen Gründen).
Und auch wenn der Heads Of Agreement als eine Art Vorstufe zum “Longform-Vertrag” gesehen wird, haben wir nie eine ausführlichere Fassung benötigt. Ich war so happy mit diesem verständlichen und übersichtlichen Vertrags-Modell, dass ich, als ich 2008 mein Label Flowerstreet Records gründete, als Vertragsform für meine ersten Künstler einfach das nahm, was ich schon kannte: den Heads Of Agreement.
Was lernen wir aus dieser kleinen Serie über die verschiedenen Vertragsformen?
- Alles hat ein Ende…
- Es gibt keinen “richtigen” und “falschen” Vertrag – es kommt ganz auf die Ausgangssituation und die Ziele an.
- Man verteilt Geld, Rechte, Vertragslaufzeit und Risiko auf die Vertragspartner – diese Faktoren beeinflussen sich gegenseitig. Es ist essentiell zu verstehen, wie das Spiel funktioniert.
- Selbstbewusst auf die Konditionen achten – so etwas wie einen “Standard-Vertrag” gibt es nicht. Alles ist verhandelbar.
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