Wozu brauche ich ein Demo?

amadeus@flowerstreetrecords.deDIY (Do-it-yourself), Marketing, Presswerk, Produktion, Promotion, Recording, Social Media, Studio, Veröffentlichung

<< Zurück zum Artikel “Wie probe ich richtig effektiv?”

Falls du den Artikel Demo-CD? Bringt das was? noch nicht gelesen haben solltest, dann mach das lieber, bevor du hier weiterliest. Falls du dich für das Recording/die richtige Studiowahl für dein Demo-Tape interessierst, findest du dazu hier ein paar Infos.

Der folgende Blogeintrag beschäftigt sich jedoch mit der Frage, welchen konkreten Nutzen eine Demo-CD haben kann, wenn sie denn mal fertig ist. Zuallererst kläre ich das Offensichtliche, bevor ich mich hier verkünstle: Als Musiker sollte man der Definition nach auch wirklich Musik machen. Damit die Welt auf deine Musik aufmerksam wird, ist es unvermeidbar, sie auch mal aufzunehmen. Nur so lässt sie sich verbreiten, ohne dass du persönlich anwesend sein musst.

Die meisten Künstler nehmen ihre Songs je nach aktueller Lage und Zielsetzung aus drei Gründen auf:

  • Um sie ihren Fans, Freunden und Verwandten vorspielen zu können
  • Als (Re-)Finanzierungsmöglichkeit durch den Verkauf bei Konzerten
  • Um sich mit der Demo-CD bei Labels und Veranstaltern bewerben zu können

Nehmen wir den ersten Fall: Fans, Freunde und Verwandte. Je nach Bekanntheitsgrad ist dabei eine der drei Gruppen besonders stark targetiert. Beispiel: Hat man sich als Künstler bereits einen Namen erspielt, nimmt man selten seine Songs nur für die engen Freunde und Verwandten auf. Steht man jedoch noch komplett am Anfang, so sind das zunächst meist die einzigen Zuhörer, die man hat.

Refinanzierung: Hier kommt es ganz darauf an, ob man lediglich das Ziel verfolgt, seine eigenen Studio- und Presswerk-Kosten wieder rein zu kriegen, oder ob die Ambitionen etwas darüber hinaus gehen. Oft gibt es hier wieder drei Abstufungen der (Re-)Finanzierung

  1. Auf eine schwarze “0” zu kommen, d.h., du willst lediglich nicht draufzahlen mit deiner Band/deinem Projekt. Ob das jetzt beinhaltet, dass du davon die Studiokosten oder vielleicht sogar darüber hinaus eure Tour-Ausgaben wie Busmiete, Spritgeld, Hotels etc. gedeckt bekommst, liegt ganz bei dir.
  2. Ein “Plus” zu erwirtschaften, sodass du in Zukunft alle Ausgaben decken kannst und gleichzeitig noch ein bisschen was übrig hast, um Miete, Essen, Kleidung zu bezahlen – kurz gesagt: die Lebenshaltungskosten.
  3. Einen so hohen Gewinn zu erwirtschaften, dass du dir um Geld erstmal keine Sorgen machen musst. Das ist wohl der Traum vieler Musiker, doch nur die wenigsten kommen da hin. Wieso ist das so? Aufgrund einiger (unnötiger) Glaubenssätze, die in den Köpfen herumschwirren, schaffen es viele Bands nicht, über ein gewisses Level hinaus zu wachsen. Dazu gehört beispielsweise die Überzeugung “…Musik sei brotlose Kunst…” oder “…damit man davon gut leben kann, muss man Hits schreiben, die im Radio laufen und Stadien mit seinen Fans füllen…”
    Klar, das hilft. Aber notwendig ist es keineswegs, um von der Musik gut leben zu können, geschweige denn, um die ersten Schritte in diese Richtung zu gehen. Ich habe es mir mit diesem Blog gewissermaßen zur Aufgabe gemacht, die Möglichkeiten aufzudecken, die abseits dieser irrigen Glaubenssätze liegen. Dabei werde ich sehr offen mit Zahlen, prozentualen Verteilungen, Geld (oh-oh ein Tabu-Thema in Deutschland) und mit allen dafür nötigen Informationen umgehen, um dir den Weg Schritt für Schritt zu ermöglichen.

Bewerbung bei Labels und Veranstaltern: Wenn du dich mit deinem Demo bei einem Label bewerben möchtest, rate ich dir, noch vor der Aufnahmesession einen Schritt weiter zu denken. Ein “Demo” in Form eines schnellen Mitschnitts aus dem Proberaum wird dich hier in 99.9 % der Fälle nicht weiterbringen. Die A&R´s der Plattenfirmen haben (mit ein paar wenigen Ausnahmen) fast keine Fantasie mehr, wenn es um Demo-Aufnahmen geht. Früher war das anders. Da schickte eine Band der Plattenfirma einen höchst mittelmäßigen Mitschnitt, und der A&R musste sich dann seiner auditiven Vorstellungskraft bedienen, um das Potential der Band zwischen all dem Rauschen und unverständlichem Gesang herauszufiltern. (Ich übertreibe hier vielleicht ein wenig, denn es gab sicher auch Newcomer die sich schon in der Demo-Phase viel Mühe gaben.)

Heute sind Aufnahmen so günstig wie noch nie, und fast jeder kriegt mittlerweile eine (semi-)professionelle Aufnahme mit kostenlosen Tools auf seinem Laptop hin. Deshalb hören viele A&Rs die Songs, die du ihnen schickst garnicht mehr komplett durch, sondern skippen durch die einzelnen Teile, um zu sehen, ob sie die Qualität deiner Tracks grundsätzlich interessieren könnte. Erst wenn du ihr Interesse geweckt haben solltest, hören sie sich die ganze Nummer an. Wenn die Aufnahme-Qualität nur mittelmäßig oder gar schlecht ist, dann ist es an dieser Stelle meistens auch schon zu Ende. Das liegt daran, dass die meisten A&Rs keine Zeit – und zugegebenermaßen keine Lust – mehr haben, sich mit Bands zu beschäftigen, die langwieriger Aufbauarbeit bedürfen. Wenn du also Hitpotenzial in deinen eigenen Songs zum Vorschein bringen willst, dann tust du gut daran, es so offensichtlich wie nur möglich auch schon in der Produktion durchscheinen zu lassen. Andernfalls kommt hier wieder der (unterbewusste) Glaubenssatz der A&Rs ins Spiel: “Wenn die Band noch nicht mal dazu bereit ist, die paar Euronen für ein gutes Demo in einem professionellen Studio hinzulegen, dann sind sie vermutlich auch nicht dazu bereit, das Ganze professioneller zu betreiben. Und was ich persönlich am allerwenigsten gebrauchen kann, sind unprofessionelle Bands, denen man wegen jeder Kleinigkeit hinterherlaufen muss…”

TIPP: Wenn du dich dafür entscheidest, ein High-Quality-Demo aufzunehmen und danach mit dem Gedanken spielst, es vielleicht doch als ganz normales Album zu veröffentlichen, weil es so unglaublich gut geworden ist –> verkneif dir trotzdem die Bezeichnung “Album” bei der Bewerbungsmail an Labels. “Album” klingt zu festgefahren, so als hättest du dich als Künstler schon zu 100 % gefunden und wärest nicht bereit, vom Sound der CD abzuweichen. Wenn du deine Bewerbung mit “Demo” betitelst, dann klingt das für den Menschen in der Plattenfirma nach: “Wir haben hier tolles Material, sind uns aber im Klaren darüber, dass wir für Veränderungen offen sein müssen.”

Bewerbung an Veranstalter: Bei einer Bewerbungsmail an Veranstalter kommt es ein bisschen darauf an, bei wem man sich bewirbt. Grundsätzlich kann ich sagen, dass hierbei gute Aufnahmen natürlich von Vorteil sind. Denn auch Veranstalter klicken oft nur durch einzelne Parts deines Songs, und hören sich dein Gesamtwerk nur bei sehr großem Interesse von vorn bis hinten durch. Nimm das aber nicht persönlich.
In der Anfangsphase habe ich selbst als Veranstalter sehr idealistisch ALLES angehört was ich zugeschickt bekommen habe. Irgendwann nur noch 2-3 Songs, den Rest lediglich, wenn es mir außerordentlich gut gefallen hat. In extremen Zeiten, in denen mein Team und ich ca. 150 Veranstaltungen pro Jahr zu organisieren und zu betreuen hatten, kamen wir mit dem Durchhören der Bewerbungen natürlich nicht mehr hinterher. Da schwindet dann auch der Restfunken Idealismus und die Vorauswahl wird durch herum-skippen innerhalb der Tracks getroffen. Das ist auch einer der Gründe, weshalb wir uns mit der Zahl unserer Veranstaltungen irgendwann wieder auf einen humaneres Niveau eingependelt haben.

Ein kleines Fazit zum Schluß: Sei dir bewusst, dass ein Demo heutzutage eine höhere Qualität besitzen sollte, als das früher der Fall war. Behalte während der Produktion stets im Hinterkopf, wofür genau du das Demo später brauchen wirst.

 

>> Weiter zum Artikel “Die Lupen-Technik”

Zurück