Bandübernahmevertrag

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Fortsetzung von >>Der Label-Deal

Der Bandübernahme-Vertrag

Den Bandübernahme-Vertrag als “kleinen Bruder” des Künstlerexklusiv-Vertrages zu bezeichnen, würde ihm nicht ganz gerecht werden. Du wirst das Vertragsmodell am besten verstehen, wenn du dir nochmal kurz die Variablen aus dem Blogeintrag Der Label-Deal ins Gedächtnis rufst; demnach werden zwischen den Parteien Label und Künstler die Variablen

a) Geld
b) Risiko und
c) Rechte für eine
d) bestimmte Zeit

festgesetzt. Du, der Künstler, hast optimistische Verkaufs-Erwartungen und bist in deinen finanziellen Mitteln nicht allzu sehr eingeschränkt? Top! Dann wird dir vermutlich sehr daran liegen, einen Vertrag auszuhandeln, der prozentual zu deinen Gunsten ausfällt, richtig?
Die optimistische Denkweise hinter dem Bandübernahme-Modell sieht in etwa so aus:

“Ich bin fest davon überzeugt, dass sich mein Album gut verkaufen wird. Außerdem bin ich durchaus bereit, in finanzielle Vorleistung (Geld/Risiko) zu gehen. Mit einem starken Partner an meiner Seite könnte ich jedoch NOCH mehr Tonträger verkaufen, als wenn ich auf mich allein gestellt bin. Darüber hinaus hätte ich den Rücken frei, um mich voll und ganz auf die Musik konzentrieren zu können. Aus diesen Gründen bin ich bereit, sowohl die Vervielfältigungsrechte für einen bestimmten Zeitraum (Rechte/bestimmte Zeit), als auch finanzielle Anteile, also Prozente, an diesen Partner abzugeben (Geld). Als Gegenleistung möchte ich jedoch ein ebenso starkes “Commitment” (dieser Begriff wird in der Musikbranche fast schon inflationär verwendet, bedeutet engl.: Engagement, Verpflichtung, Einsatz) von meinem Partner, der Plattenfirma. Dieses Commitment beinhaltet beispielsweise einen guten Vertrieb meiner Tonträger, sowohl physisch als auch digital. Den kann ich nämlich aus strukturellen und zeitlichen Gründen, bei bestem Willen, nicht selbst leisten. Ein bisschen Geld sollte der Partner ebenso in das Projekt stecken. Dann hat er auch einen Grund, sich für mich und die Verbreitung meiner Musik einzusetzen. Denn irgendwann will er sein Geld vermutlich ja auch wiederhaben bzw. darüber hinaus Gewinne erzielen. Wir haben beide investiert und ziehen an einem Strang, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Kommen Gewinne rein, sollten wir sie dementsprechend gleichberechtigt aufteilen.”

Daraus ergibt sich im Indie-Label-Fall häufig eine Aufteilung dieser Art:

Künstler 50 %
Label 50 %

Wie immer gilt: Nichts davon ist in Stein gemeißelt. Der Realfall könnte zum Beispiel so aussehen, dass das Indie-Label die Kosten für

  • Pressung
  • Vertrieb

übernimmt und der Künstler die Kosten für:

  • Studio
  • Grafiker/Layout

Es kann durchaus vorkommen, dass der Studiobesuch des Künstlers sehr teuer ausfällt und die Pressung proportional dazu sehr günstig. Dann wird das meist in der prozentualen Verteilung berücksichtig. Ich glaube, du hast das grundlegende Prinzip hinter der Wahl der passenden Vertragsart verstanden. Im Grunde geht es darum: Wer bereit ist, mehr zu investieren, kriegt am Ende auch mehr raus.

Aus Sicht des (Major-)Labels

Während der Künstler in den meisten Fällen einen Vertrag bevorzugt, der ihm finanziell sowie strukturell-organisatorisch (Manpower, Vertriebswege, Kontakte) den Rücken stärkt, wählt das Label am liebsten Verträge, in denen es die meisten Prozente erhält. Verständlicherweise bauscht das Label bei den Vertragsverhandlungen gerne seine eigenen Stärken auf, um dadurch die Schwächen des Künstlers zu betonen. Lass dich davon aber nicht klein machen. Was das Label damit sagen will, ist ja im Grunde nur: “Ich kann etwas sehr gut, was dir wiederum fehlt.” Sieh es mehr als eine Art Balztanz an, weniger als eine Drohgebärde.
Jedes funktionierende, partnerschaftliche Verhältnis basiert auf einer gegenseitigen ErgänzungDie Schwächen des einen sollten die Stärken des anderen sein, und darauf aufmerksam zu machen, ist erst einmal nichts Verwerfliches. Lass dich nur nicht zu sehr von den Stärken deines Partners blenden. Wenn du das Label dabei ertappst, wie es sich gerade selbst auf die Schulter klopft, nach dem Motto: “…Wir können deine Songs hier, da und dort unterbringen…” oder “…Schau mal ,wen wir nicht alles groß gemacht haben…” oder “…haben die besten Leute im Team, und unser Netzwerk reicht von…bis…” dann denk immer daran: “Das ist alles sehr beeindruckend. Wenn ihr aber so toll seid, wieso braucht ihr mich dann überhaupt? Ach ja, weil ich ja die Songs schreibe.” -Ohne Songs bringen all diese Strukturen nichts.
Kleines Zwischenfazit: Du profitierst von der professionellen Infrastruktur der Plattenfirma. Die Plattenfirma profitiert aber ebenso von dir und deiner Kreativität. Sei dir dessen stets bewusst!

Versuch dir die Plattenfirma mal – unabhängig von deren tatsächlicher Größe – als eine Person vorzustellen. Der Gedankengang dieser “Label-Person” schaut folgendermaßen aus:

Ich, das Label, habe die finanziellen Mittel, um dem Künstler eine hochwertige Produktion zu ermöglichen. Ob ich jetzt im Worstcase-Szenario 20.000 Euro oder 40.000 Euro für den Künstler ausgegeben habe, fällt nicht so sehr ins Gewicht, wie der Verlust potentieller Gewinne im Erfolgsfall. Wenn ich einen Künstler unter Vertrag nehme, dann auch nur, wenn ich vollkommen von ihm und seiner Musik überzeugt bin. Hätte ich Zweifel am Verkaufspotential, würde ich den Künstler ja nicht unter Vertrag nehmen.

Ich will dir an einem kleinen Rechenbeispiel verdeutlichen, was das im Konkreten heißt:

Ausgaben 40.000 Euro (wofür genau sei jetzt mal der Einfachheit halber unwichtig)

Worst-Case-Szenario: Künstler verkauft nur 1000 CDs.
(Das Kleingedruckte: Bei vielen Indie-Labels wäre ein Verkauf von 1000 Einheiten schon eher ein Best-Case-Szenario. Das ist oft der Tatsache geschuldet, dass das Major-Label effektiver arbeitet und grundsätzlich auf mehr Ressourcen zurückgreifen kann. Dazu gehören professionelle Promoter, Vertriebskanäle, Influencer, Blogs, Playlisten usw.)

Das macht Einnahmen von 10.000 Euro (bei 10 Euro pro verkaufter CD)

40.000 Euro Ausgaben 10.000 Euro Einnahmen -30.000 Euro Verlust

In unserem Best-Case-Szenario lassen wir die Band mal 50.000 Einheiten verkaufen (es soll sich ja hier um eine junge Newcomer-Band und nicht einen bereits etablierten Künstler handeln).

In diesem Fall haben wir Einnahmen von 500.000 Euro
40.000 Euro Ausgaben + 500.000 Euro Einnahmen 460.000 Euro Gewinn

Wenn du jetzt dieses einfache Beispiel betrachtest, wird dir sicherlich die starke Tendenz des Majors hin zu einem Künstler-Vertrag klarer. Bei einem Künstlervertrag ist das Risiko zugegebenermaßen ein wenig höher, da das Label die kompletten 40.000 Euro Produktionskosten vorstrecken müsste. Der potentielle Gewinn liegt in unserem Rechenbeispiel jedoch bei ca. 90 % (Label-Anteil) von 460.000 Euro. Also bei insgesamt 414.000 Euro.

Wenn sich Major-Labels mal zu einem Bandübernahme-Vertrag bewegen lassen, dann im Normalfall nicht zu dem weiter oben erwähnten 50/50-Deal der Indies. Das Major-Label wird eher bei 75/25 (Label/Künstler) ansetzen. Demnach wäre im Bandübernahme-Fall die Rechnung folgende:

Ausgaben 20.000 Euro + Einnahmen 500.000 Euro = 480.000 Euro Gewinn
Davon erhält das Label dann 75 % = 360.000 Euro Gewinn

Fazit:

Das Label kann also in unserem – sehr vereinfachten – Beispiel bei einem Künstlerexklusiv-Vertrag im Best-Case mit etwa 100.000 Euro mehr Gewinn rechnen als beim Bandübernahme-Vertrag. Im Worst-Case-Szenario verzeichnet es lediglich 20.000 Euro mehr Verlust.

Wie an unserem kleinen Beispiel hier deutlich wird, kann das Label außerdem auf eine “Gewinner-Band” 3 “Verlierer-Bands” unter Vertrag nehmen und hat dann noch immer (bei dieser Trefferquote von 3 zu 1) einen Gewinn von 10.000 Euro gemacht.

(Die Rechnung dahinter:

1 Gewinner-Band = 100.000 Euro Gewinn
3 x Verlierer-Band = 3 x 30.000 Euro Verlust = 90.000 Euro Verlust

Gewinn – Verlust = 100.000 Euro90.000 Euro = 10.000 Euro Gewinn

In der Praxis ist das Verhältnis natürlich noch sehr viel krasser als 3 zu 1, während es unzählige Abstufungen der einzelnen Vertragsmodelle gibt. Jetzt kennst du aber schonmal den Künstlerexklusiv-Vertrag und den Bandübernahme-Vertrag; das ist ein guter Einstieg. Je mehr du dich mit Verträgen beschäftigst, umso mehr wirst du erkennen wie situationsabhängig die Wahl eines passenden Modells ist.

In der Fortsetzung dieses Artikels schauen wir uns den Vertriebs-Vertrag an.
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